Dein Pferd hat schon wieder einen Reheschub? – Höchste Zeit, etwas ANDERS zu machen.

Wiederkehrende Hufreheschübe sind leider keine Einzelfälle. Viele Pferdebesitzer, die einmal einen Reheschub bei ihrem Pferd miterlebt haben, Leben in einer ständigen Angst davor, dass es wieder passiert. Umso wichtiger ist es uns, aufzuklären, warum eine überstandene Hufrehe noch lange nicht bedeutet, dass sie nie wieder auftritt.

Wir haben hier  mal ein paar mögliche “Ratschläge” aufgelistet, bei denen es kein Wunder wäre wenn dein Pferd erneut Hufrehe bekäme: 

Dein Pferd hat schon wieder einen Hufreheschub? Bilde dich zum Thema weiter und nimm’ die Verantwortung selbst in die Hand:

Häufige aber fragliche Ratschläge

Zur Diagnostik

Man untersucht nichts oder nimmt vielleicht sogar die Blutwerte, aber das Pferd hat gar kein Cushing und die Werte sind auch eigentlich nicht aussagekräftig, weil die ja wegen der Rehe eh verändert sind und die Nüchternwerte von Glukose und Insulin sind auch normal, also hat es da auch kein Problem. Also tappt man mit der Diagnose im Dunkeln und belässt es bei der Diagnose Hufrehe.

Zur Fütterung

Setz dein Pferd auf Diät, das muss dringend abnehmen. Reduzier das Heu radikal oder ersetzt es durch Stroh. Keine Weide, kein Kraftfutter, kein Mineralfutter.

Zu den Hufen

Du musst dringend die Hufbearbeitung verändern und einen Rehebeschlag drunter machen lassen. Am besten mit Rehepolster, dafür schneiden wir zuerst den Strahl weg und packen dann das Knetpolster drunter.  Bis dahin musst du kühlen, kühlen, kühlen. Vor allem müssen auch die Trachten runter/Trachten hoch und die Zehe ist viel zu lang, die muss unbedingt massiv gekürzt werden. Die Eckstreben drücken ja auch, die müssen unbedingt weg und der Knubbel auf der Sohle drückt aufs Hufbein, der muss auch weg. Der Wandüberstand schiebt die Hufkapsel hoch, das ist total kontraproduktiv, der muss gekürzt werden, sonst verschlechtert er die Hufbeinabsenkung, aber die Sohle darf nicht mittragen.

Zu den Medikamenten

Dein Pferd bekommt jetzt ein Schmerzmittel und Entzündungshemmer, Blutverdünner und dann gucken wir mal. Außerdem gibt es noch ein Medikament, das den Blutzuckerspiegel senkt und das Medikament für Cushing, damit die Pferde keine Rehe mehr bekommen.

Außerdem kannst du Blutegel ansetzen, die bei anderen Pferden auch geholfen haben.

Zur Haltung & Bewegung

Dein Pferd muss jetzt Boxenruhe haben, es darf im nächsten Jahr nicht belastet werden. Außerdem sollte es keine engen Wendungen machen, aber auch nicht raus auf den Paddock, wo es herumtoben könnte.

Zur Reha

Wenn die Pferde wieder besser laufen, kann man langsam anweiden, aber nur, wenn die Fruktanwerte nicht zu hoch sind. Und das Pferd soll weiter abnehmen, aber man darf auf keinen Fall die Rippen sehen, dann ist es viel zu dünn. Die Hufe müssen die ganze Zeit gesund aussehen, zur Not über massive Bearbeitung. Reiten kannst du eigentlich auch wieder sofort. Und wenn es dem Pferd drei Wochen nach dem ersten Reheschub wieder besser geht, war es doch keine Rehe. Puh – Glück gehabt, oder doch nicht?

STOPP – hier müssen wir mal ein bisschen aufräumen.

Du weißt nicht, wie du die wichtige Reha-Zeit für dein Rehepferd gestalten sollst? Im Rehakurs findest du einen konkreten Plan:

Leider hören wir das immer wieder: Mein Pferd hat schon den zweiten, dritten, vierten Reheschub und wir wissen einfach nicht, wie wir ihm helfen können. 

An dieser Stelle möchten wir dir einmal bewusst machen: Ein Pferd, das mal eine Hufrehe hatte, kann danach bei gutem Management fit und glücklich alt werden. Dazu ist es unbedingt erforderlich, dass die Ursache erkannt und abgestellt wird.

Heißt also im Umkehrschluss: Wenn dein Pferd wieder einen Reheschub hat, hast du die Ursache noch nicht abgestellt.

All diese Ratschläge sind mit Sicherheit gut gemeint, aber wir hoffen, du merkst, dass einige wirklich gar keinen Sinn machen bzw. sich vieles sogar widerspricht.

Unsere Ratschläge

Zur Diagnostik

Hufrehe ist immer nur ein Symptom einer zugrundeliegenden Erkrankung. In den allermeisten Fällen (ca. 90%) ist es eine Hyperinsulinämie bei EMS (Equines Metabolisches Syndrom oder PPID). Andere Ursachen können eine Überlastung oder eine Endotoxämie sein. Sollte keine große Verletzung das Pferd am Entlasten eines Beines hindern und auch kein Fieber mit schlechtem Allgemeinbefinden vorliegen, ist eine endokrine Hufrehe ziemlich wahrscheinlich, sprich die Insulinproblematik.

Die Diagnostik ist der entscheidende Faktor für eine zielführende Behandlung, sollte also unbedingt gemacht werden. Hier kann man Blutwerte nehmen, Röntgenbilder machen oder auch einfach die Klinik, also augenscheinliche Symptome, mit einbeziehen.

Wichtig ist, dass das Blut entsprechend gehändelt wird: Die Pferde müssen vorher durchgängig zuckerarmes oder gewaschenes Heu gefressen haben, mindestens 6 Stunden, das Blut muss schnell abzentrifugiert werden und gekühlt ins Labor. Die Werte sollten nicht in den ersten Tagen des akuten Schubes genommen werden. Bei unsachgemäßem Handling bekommt man schnell falsch negative Ergebnisse. Wenn man aber die Klinik mit einbezieht, ist die Diagnose oft schon sehr eindeutig.

Zur Fütterung

Ja, die meisten Pferde sind zu dick und man sollte die Fütterung anpassen. Eine Radikaldiät ist hier aber nicht empfehlenswert. Pferde sollten immer genügend Raufutter bekommen. Wichtiger als die Menge sind hier die Inhaltsstoffe: Jedes Futtermittel, das ein Rehepferd bekommt, sollte deutlich unter 10% Zucker und Stärke haben. Alles andere ist nicht sicher. Heu sollte eine gute Qualität haben und unbedingt durch ein passendes Mineralfutter ergänzt werden. Nur, wenn alle Bausteine vorhanden sind, kann sich der Körper regenerieren.

Futtermittel, die ‘Extra für Rehepferde’ geeignet sind, sollten genau angesehen werden, meist sind sie nicht geeignet, da sie einzelne Inhaltsstoffe mit höheren Zucker- oder Stärkewerten enthalten.

Leckerchen, Obst, Gemüse, Getreide, Mischfutter, frische Äste und Wiese sind erstmal Tabu. Die Fütterung muss darauf ausgelegt sein, den Insulinspiegel runterzubekommen und unten zu halten, dann kann der Huf heilen und die Schmerzen verschwinden.

Zu den Hufen

Wie zuvor erwähnt, ist die Regulation des Insulin der Schlüssel für die Schmerzen in den Hufen. Dieses zieht bei übermäßiger Ausschüttung die Gefäße zusammen und sorgt für die Schäden. Diese entstehen bei der endokrinen Rehe meist schleichend, also nicht erst im Falle der akuten Hufrehe. Ein Kühlen ist hier kontraindiziert, weil die Gefäße eh schon eng sind. Die Hufe müssen zuallererst geschützt werden, also weich abpolstern und das Pferd fragen, ob es so angenehmer ist. Man kann hier gut mit Hufschuhen arbeiten, da diese eine regelmäßige Kontrolle zulassen und individuell abgepolstert werden können. Die Pferde sollten weich gestellt werden, Späne, Sand oder Kieselsteine. Die Hufbearbeitung spielt in den meisten Fällen aus unserer Erfahrung tatsächlich eine untergeordnete Rolle, ist also nicht ausschlaggebend, die Schmerzen zu minimieren. Im Gegenteil kann eine invasive Bearbeitung die Situation verschlechtern oder am Laufen halten. Besonders alle Strukturen auf der Hufunterseite geben dem Pferd ein Fundament und dürfen nicht bearbeitet werden.

Passende Hufschuhe, ggf. mit einer weichen Polsterung, verschaffen Rehepferden oft einen besseren Laufkomfort als eine invasive Bearbeitung oder ein Rehebeschlag.

Zu den Medikamenten

Kein Medikament kann eine Hufrehe verhindern oder heilen. Natürlich können sie in manchen Fällen helfen, aber an der Ursache verändern sie nichts. Vor allem, da bei endokrinen Hufrehefällen meist keine oder nur sekundäre Entzündungen vorliegen. Eine kleine Ausnahme gibt es bei der PPID (bekannt als Cushing). Hier ist ab einem gewissen Grad eine Medikation unbedingt erforderlich. Diese hilft aber wiederum nicht bei einem EMS. EMS kann ausschließlich über Haltung, Fütterung und Bewegung therapiert werden. Die Gabe von Schmerzmitteln kann im ungünstigen Fall dem Pferd mehr Bewegung ermöglichen, was vielleicht für dich als Besitzer im ersten Moment besser zu ertragen ist, an den Hufen aber häufig größere Schäden hinterlässt, als wenn das Pferd im akuten Stadium vermehrt liegt und die Hufe entlastet. Kieselsteine ermöglichen hier auch unmittelbare Entlastung!

Zur Haltung & Bewegung:

Sobald die Pferde kein Schmerzmittel mehr bekommen, sind wir dafür, eine freie Bewegung im Paddock zuzulassen, wenn die Pferde relativ gut damit umgehen können. Es hilft total, das Heu über den Paddock zu verteilen, damit sie sich eher im gemächlichen Tempo, aber kontinuierlich bewegen. Bei Lahmfreiheit kann man mit Spaziergängen mit Hufschuhen beginnen, sollte aber nur im Schritt und möglichst geradeaus unterwegs sein. Eine höhere Belastung ist erst wieder ratsam, wenn mindestens die Hälfte, besser zwei Drittel der Hufkapsel herunter gewachsen ist.

Zur Reha

Die Reha dauert zwischen 6 und 12 Monaten. In dieser Zeit müssen die Maßnahmen konsequent umgesetzt werden. Auch danach bleibt ein Risiko bestehen, da die endokrine Hufrehe eine genetische Komponente hat. Das Pferd muss also ein Leben lang gut gemanaged werden, kann dann aber ein gesundes und glückliches Leben führen. Die Hufe entsprechen in der Rehaphase bei weitem nicht dem Idealbild, entscheidend ist hier aber der Laufkomfort und die sichtbare Verbesserung, also ein stabiles Einwachsen vom Kronrand her. 

Fazit

Wir erleben es häufig, dass der erste akute Reheschub relativ schnell rumgeht und schnell ist auch die Problematik vergessen. Wird die Reha nicht ernst genommen, kommt es dann meist einige Zeit später (manchmal schon nach wenigen Monaten, oft erst nach wenigen Jahren) zum erneuten Reheschub, der dann meist schwerwiegender ist. Zudem muss einem bewusst sein, dass die Schäden eben bereits vor der sichtbaren Lahmheit entstehen und bei fortlaufender Hyperinsulinämie fortschreiten. Irgendwann kommt der Punkt, an dem die Pathologien nicht rückgängig zu machen sind.

Glücklicherweise sind viele Pferde selbst mit mehreren Reheschüben noch lange nicht an dem Punkt, an dem eine Rehe nicht mehr durch das richtige Management auskuriert werden kann. Aber wenn dein Pferd bereits mehrere Schübe hatte oder mal einen hatte und noch immer Anzeichen wie Fettdepots, Fühligkeit oder Ähnliches zeigt, ist es höchste Zeit mal etwas anders zu machen. Ansonsten ist es ein Spiel mit Feuer und das Leid trägt zum Großteil dein Pferd.

Weitere Beiträge