Oft wird gesagt, dass ein Pferd nur einen leichten Schub hatte und nach ein oder zwei Wochen wieder gelaufen ist. Alle sind froh und es wird so weitergemacht wie bisher. Die Angst vor einem weiteren Schub aus heiterem Himmel schwingt zwar immer mit, aber man hofft auf das Beste.
Wir möchten da mal ein bisschen aufräumen, denn so einfach ist das nicht. Ziemlich sicher folgt der nächste Schub, wenn nichts verändert wird – vielleicht erst drei Jahre später, aber man kann sich recht gut darauf verlassen und das kommt nicht plötzlich, sondern kündigt sich an. Und es ist unsere Verantwortung – deine und meine – hier etwas zu verändern!
Leider oft der Alltag
Letzte Woche bekamen wir eine Nachricht von einer Kundin, deren Pferd auf einmal ganz komisch lief. Wir kennen das Pferd knapp ein Jahr, haben es vielleicht viermal gesehen. Dreimal haben wir auf die Anfälligkeit für Stoffwechselprobleme hingewiesen, beim vierten Mal über die aktuelle Situation dieses Pferdes mittlerweile mit einem sehr hohen Hufreherisiko aufgeklärt. Wir haben versucht die Dringlichkeit einer Veränderung und eines Handelns klar zu machen. Aber…Letzte Woche kam dann eben die Nachricht. Auf dem Video war es leider recht eindeutig: ein akuter Hufreheschub. Das Pferd lief staksig, Wendungen waren kaum möglich, im Stand entlastete es wechselseitig, deutliche Schmerzanzeichen. Wir haben per Telefon erste Hilfemaßnahmen empfohlen und noch einmal die Gesamtsituation erklärt. Leider war es für uns seit Wochen fast schon klar, dass irgendwann dieser akute Schub kommen würde. Aber leider ist es auch so, dass viele Pferdebesitzer die Situation nicht einschätzen können. Trotz Beratung, trotz Vorschlägen, trotz Hilfsangebot wird der Ernst der Lage erst wahrgenommen, wenn es nicht mehr zu verleugnen ist und der akute Hufreheschub da ist. Warum ist das so? Denn diese Geschichte ist leider kein Einzelfall.
Wie wir mit Veränderungen umgehen
Es liegt daran, dass wir Menschen auf eine Veränderungen, eine potentielle Gefahr, einen Schock – und das ist wohl auch die Prophezeiung, dass das Pferd, was man liebt und für das man “alles” tut kurz vor einer Rehe steht – erstmal mit Verleugnung reagiert. Vielleicht kennst du die Veränderungskurve nach Kübler-Ross. Elisabeth Kübler-Ross hat in ihrer Arbeit zur Trauerforschung diese Kurve mit 5 Phasen entwickelt. Im Laufe der letzten Jahre wurden weitere Phasen ergänzt und die Kurve auch in anderen Bereichen, zum Beispiel im Unternehmensbereich, eingesetzt. Und man kann diese Phasen eben auch gut bei Pferdebesitzern mit Hufrehepferden beobachten.
Die 5 Phasen der Veränderung nach einem Schock (angelehnt an Kübler-Ross):
- Verleugnung, Wut
- Frustration, Angst, Vorwürfe
- Trauer, Hilflosigkeit
- Akzeptanz, Start der Veränderung, Ausprobieren
- Umsetzung, Veränderung etablieren
Vor allem, wenn wir vorher schon eine Vorahnung hatten, geht man in die Abwehr. Denn meist ist einem schon bewusst, dass sein Pferd zum Beispiel ein paar viele Kilos auf den Rippen hat oder immer wieder kleinere Probleme in den letzten Monaten hatte. Aber es ist eben erstmal leichter das zu verdrängen, Ausreden zu suchen oder andere Schuldige. Auch das ist normal, denn es macht einem Angst sich mit der Sache zu befassen. Also lieber verdrängen. In der Phase der Verleugnung denkst du so Dinge wie:
- Das Problem hatte er schon immer, das liegt in der Familie, das hat nichts damit zu tun.
- Letzte Woche hatte ich auch einfach super wenig Zeit sie zu bewegen. Davor war sie viel schlanker.
- Letztes Jahr war sie vor allem noch viel dicker.
- Ich passe schon auf beim Angrasen und mach das schon ganz langsam.
- Mit Homeoffice, Kindern und Corona, hatte ich einfach wenig Zeit.
- Der Stallbetreiber füttert auch einfach zu gut.
Die Rehe ist aber nun da – jetzt müssen wir uns irgendwie damit auseinandersetzen.
Es folgt eine Phase der Verwirrung, Verzweiflung. Man weiß nicht, was man verändern kann oder wo man anfangen soll. Jeder erzählt etwas anderes und die Meinungen widersprechen sich. Man ist natürlich besorgt, weil es dem Pferd schlecht geht und hat Angst wie die Zukunft aussehen wird. Du hast dann Fragen wie
- Welche Behandlung ist jetzt richtig?
- Was muss ich als nächstes machen?
- Wie soll ein Leben ohne Wiese aussehen?
- Wo soll mein Pferd leben? Hier am Stall gibt es keine Möglichkeiten.
- Kann mein Pferd überhaupt wieder gesund werden und ein lebenswertes Leben führen?
Hol dir Hilfe auf diesem Weg
Wenn du an dieser Stelle stehst, hol dir unseren Leitfaden zum Thema Hufrehe. Dort bekommst du ein paar Ideen und Tipps wie du in der Situation weitermachen kannst.
Leitfaden
Endokrine Hufrehe
– Prävention, Diagnose und Behandlung
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Denn wenn du erstmal in die Phase kommst, dass du die Situation akzeptierst, dich informierst und nach Lösungen suchst, bist du durch das sogenannte Tal der Tränen erstmal durch.
Euer Weg ist dann noch nicht geschafft, aber in kleinen Schritten scheint er machbar. Und wir können dich beruhigen: Wenn du die Ursache für die Hufrehe abstellst, wird dein Pferd ein gesundes und lebenswertes Leben führen können. Mit Sicherheit anders als zuvor, aber du kannst es möglich machen!
Und wenn ihr diesen Weg weitergeht, kommt ihr auch in die Phase, das du Dinge verändert hast und ihr die gemeinsame Zeit wieder genießen könnt. Wenn du diese Verantwortung für dich und dein Pferd übernimmst, könnt ihr Großartiges schaffen.
Veränderung ist am Anfang schwer, in der Mitte chaotisch und am Ende einfach geil.
– Unbekannt.
Stolpersteine auf dem Weg
Aber es gibt natürlich Stolpersteine auf dem Weg. Wir kommen nochmal zu unserer Kundin zurück. Der Tierarzt war bei dem Pferd und hat eine Erstbehandlung vorgenommen, Aderlass, Polsterverband und auf Diät gesetzt. Erstmal nicht verkehrt. Jetzt ist die Aussage vom Tierarzt gewesen: Es ist unterschiedlich wie lange so eine Rehe dauert. Manche laufen nach einer Woche wieder, andere brauchen vier Wochen oder länger.
Stop. Bei dieser Aussage, besonders wenn man noch zu Beginn der Veränderungskurve ist, also zum Beispiel verwirrt, wiegt man sich natürlich in Sicherheit, dass es bald wieder vorbei ist und man wird den weiteren Weg bis zur Veränderungen und dem schönen gesunden Leben gar nicht gehen. Sondern man dreht um, verschließt die Augen und hofft, dass der Tierarzt recht hat und es in ein paar Wochen einfach vorbei ist.
Aber so läuft das nicht. Eine Rehe ist nicht nur der eine akute Schub, bzw. die Ursache, die Pathologien sind nicht nach einer Woche wieder weg. Sie bestehen bei einer endokrinen Hufrehe oft schon Monate oder sogar Jahre bevor die Pferde offensichtlich schlecht laufen und sie bestehen selbst bei konsequenter und richtig guter Umsetzung auch noch Monate nach dem akuten Reheschub.
Nur ein leichter Reheschub?!
Warum laufen dann manche Pferde trotzdem so schnell wieder und es scheint alles gut? Das sind eben die Fälle einer vermeintlich nur leichten Hufrehe. Unserer Erfahrung nach sind es oft eben die ersten offensichtlichen Schübe, die noch recht schnell in den Griff zu bekommen sind. Allerdings werden sie dann eben auch nicht ganz so ernst genommen bzw. die Beratung fehlt an vielen Stellen (oder Ställen). Dies Situation ist dann so, dass du als Pferdebesitzer denkst: Haben wir nochmal Glück gehabt, war nur ein leichter Schub. Es wird also wieder der Weg der Veränderung nicht bis zur wirklich implementierten Veränderung gegangen, sondern man ändert kurzfristig was, das Pferd läuft wieder und das Problem gerät in Vergessenheit. Bis eben, wie schon erwähnt, dann der nächste meist schlimmere Schub folgt. Das kann Monate oder Jahre dauern. Von diesem Schub erholen sich viele Pferde dann nicht mehr so schnell. Die Behandlung wird schwieriger, die Pathologien sind vielleicht auch schon schwerwiegender und das Tal der Tränen, der Verzweiflung, der Trauer entsprechend tiefer. Wenn dann die Abstände zwischen den Schüben kürzer werden und die Reheschübe heftiger und länger anhaltend, wird das Pferd dann erlöst.
Man hat ja alles versucht. – Wirklich?
Ja, jeder versucht sein Bestes und keinem, den wir bisher kennengelernt haben, hat absichtlich nicht sein Bestes gegeben, wenn sein Pferd krank war. ABER da geht deutlich mehr. Sehr viele Reheschübe wären vermeidbar, wenn wir nicht mehr nur symptomatisch behandeln, wenn wir die Ursache angehen und den Weg durch das Tal der Veränderung schaffen. Sprich wirklich die Lage ernst nehmen, eine gute Beratung finden, Möglichkeiten der Verbesserung sehen und diese auch in die Tat umsetzen. DANN lernt man das Hufreherisiko frühzeitig einschätzen und eben präventiv handeln zu können. DANN kannst du (fast immer) ohne Sorge sein, dass dich ein erneuter Hufreheschub überrascht. DANN kannst du dich an deinem Pferd erfreuen und dein Pferd kann sein Leben gesund genießen!