Die Wiesen sind kurz – und die Hufrehegefahr gebannt?

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Viele Pferdebesitzer atmen nach dem Anweiden im Frühjahr erleichtert auf, wenn ihre Pferde von dem frischen Grün keine Hufrehe bekommen haben. Dabei ist das Risiko nicht nur zur Zeit des Anweidens sehr hoch, sondern auch im Hochsommer und Herbst bekommen wir viele Beratungsanfragen von Pferdebesitzern mit Pferden, die akut einen Hufreheschub haben. Wie kann das sein, obwohl doch eigentlich nichts mehr wächst und das Gras auch gar nicht mehr grün ist, sondern eher wie Heu am Stiel aussieht oder komplett abgefressen ist? Wir möchten ein paar gängige Herausforderungen betrachten und Missverständnisse aufklären. Dazu schauen wir uns 3 Aussagen von Pferdebesitzern an, die sich vielleicht zu Unrecht in Sicherheit wiegen:

“Da wächst ja gar nichts mehr.”

Oder “Da ist ja gar nichts mehr drauf” ist einer der häufigsten Aussagen, die wir im Moment hören. Und es stimmt, dass die meisten Flächen raspelkurz gefressen sind. Der Verbiss so tief am Boden hat für die Pflanze stressige Folgen. Je weniger Blattgrün sie hat, desto weniger gut kann sie Photosynthese betreiben und wachsen. Und dass gestresstes Gras mehr Zucker hat, wissen wir mittlerweile alle. Sprich: die kurzen, eher braunen Wiesen enthalten ziemlich konzentriert oft hohe Mengen an leicht verdaulichen Kohlehydraten, die dann eben zu Problemen führen können. Zudem befindet sich im unteren Stängel und Richtung Wurzeln oft mehr Zucker, denn der Zucker schützt die Pflanze. Pferde auf kurz gefressenen Wiesen, nehmen daher prozentual oft mehr Zucker auf.

Das Argument, dass dort nichts wachsen würde, kennen wir genauso von Paddocks. Aber auch hier reichen die paar Grasspitzen unterm Zaun oder Blätter bei Risikopatienten oft aus, um den Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht zu bekommen. Manchmal hilft es auch mal einen Teil des Paddocks auszuzäunen, um sich das bewusst zu machen und man ist erstaunt wie viel doch wächst, wenn die Pferde es eben nicht direkt wegfressen.

Du solltest dir also unbedingt merken: Auch, wenn du nicht viel Gras siehst, kommt es nicht immer nur auf die Menge an, sondern eben vor allem auch auf die Inhaltsstoffe und die kannst du erstmal nur schätzen. Aber jede Form von Stress, der zum Beispiel entstehht, wenn die Pflanze nicht wachsen kann, führt zu einer höheren Konzentration an Zucker. Dabei ist es sowohl möglich, dass es nachts zu kalt ist, dass es zu warm ist oder Wasser fehlt, dass die Pflanzen zu kurz gefressen sind oder eben unter viel Vertritt durch die Pferde leiden.

Eine kurz gefressene Wiese, auf der augenscheinlich nichts wächst, birgt leider ein ziemlich hohes Hufreherisiko.

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“Auf meiner Weide wächst nur fruktanarmes Gras.”

Ein weiteres Missverständnis ist die Annahme, dass eine fruktanarme Grasmischung Weide und Heu sicher für gefährdete Pferde machen. Leider ist das nicht so. Es ist richtig, dass die Grassorten unterschiedlich geeignet sind, aber hier gibt es direkt mehrere Aber:

Fruktan spielt in der Praxis quasi keine Rolle bei der Entstehung einer Hufrehe. Pferde können diesen Mehrfachzucker normal verdauen und es kommt nicht zu einem Blutzuckeranstieg und somit folglich auch keinem Insulinanstieg. Das Einzige, was bei sehr sehr großen Mengen an Fruktan passieren könnte, was aber unter Praxisbedingungen eigentlich nicht möglich ist, wäre dass durch zu viel Fruktan die Darmbakterien absterben, was aber im Prinzip durch jedes Futtermittel in sehr großen Mengen passieren könnte. Auch im Gras kommt es daher nicht auf die Fruktanmenge an, sondern auf den Zucker und die Stärke, beides sehr schwer einzuschätzen, da es je nach Wachstumsphase, Grassorte und Wetterfaktoren stark schwanken kann. Daher ist Weide für gefährdete Pferde immer ein großes Risiko.

Zudem ist eh fraglich, welche Grassorten anwachsen, selbst wenn man die beste Saatmischung wählt. Nicht jeder Standort ist gleich und die Böden oder auch die Konkurrenz durch andere Gräser sind Faktoren, die Einfluss darauf haben, welches Gras sich eben durchsetzt. Es kann also sein, dass ich extra eine Grasmischung mit wenig Weidelgras wähle, sich die anderen Gräser aber nicht verbreiten und am Ende doch hauptsächlich Weidelgras zu finden ist. Du kannst dich also nicht darauf verlassen, dass am Ende auch die Gräser auf der Wiese stehen, die angesät wurden.

Zusätzlich kann es dann passieren, dass der Zuckergehalt auf Grund verschiedener Stressoren stark schwank, wie im Abschnitt zuvor beschrieben.

Als Fazit kann man sagen, dass eine Wiese nicht sicher ist, nur weil spezielle Grassorten gesät wurden.

“Mein Pferd hat kein Hufrehe-Risiko.”

Es ist richtig, dass nicht jedes Pferd krank wird. Wann muss ich mir also Gedanken machen, bzw. im besten Falle nicht nur drüber nachdenken, sondern handeln?

Du bist dir unsicher, ob dein Pferd ein Hufrehe-Kandidat ist? Lade dir den Leitfaden “endokrine Hufrehe” herunter und erhalte wertvolle Tipps zur frühzeitigen Erkennung und Prävention.

Pferde, die in Verbindung mit Wiese eine Hufrehe bekommen, sind fast ausschließlich Pferde mit endokrinen Problemen. Diese tragen die genetische Disposition in sich und entwickeln unter unpassenden Bedingungen ein EMS oder leiden an einer PPID. Die Problematik Hufrehe ist dabei nur eines der Symptome und wird bei beiden Krankheiten durch einen dauerhaft zu hohen Insulinspiegel ausgelöst. Diese endokrine Hufrehe kündigt sich über Monate oder sogar Jahre an. Du kannst deinem Pferd also sehr viel Leid ersparen, wenn du die frühen Anzeichen erkennst, ernst nimmst und präventiv handelst. Zu diesen frühen Anzeichen zählen zum Beispiel regionale Fettdepots, besonders auffällig an Mähnenkamm und Kruppe, aber auch Fühligkeit, Ringe an den Hufen oder Infektanfälligkeit. Es kann also eine Vielzahl an Symptomen bereits auf einen entgleisenden Zuckerstoffwechsel hinweisen. Wichtig zu wissen ist, dass die Pferde lange noch kompensieren und eben nicht auffällig schlecht laufen, sondern vielleicht wirklich nur fühlig sind oder faul wirken. Hier solltest du hellhörig werden, wenn dazu eben noch Anzeichen wie Fettdepots vorhanden sind.

Mittlerweile schätzt man, dass um die 60% der Pferde diese genetische Disposition in sich tragen und somit ein erhöhtes Hufreherisiko mitbringen.

Die Gute Nachricht: Bei gutem Management können diese Pferde fit und gesund alt werden. Du musst nur wissen, welche Faktoren wirklich entscheidend sind und das sind bei den gefährdeten Pferden eben vor allem die Fütterung und die Bewegung, im Training und auch in der Haltung. Du hast das in der Hand! 


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