Fruktan & Hufrehe

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Aufklärung, die dringend überfällig ist!

Hast du auch schon Bauchschmerzen vor dem Anweiden, weil du Angst vor Fruktan hast und Sorge, dass dein Pferd eine Hufrehe bekommt?

Wir nehmen einen offenen Brief von Dr. Eleanor Kellon, Tierärzin, als Anlass hier nochmal über den Zusammenhang von Fruktan & Hufrehe aufzuklären. Dazu möchten wir Teile dieses Briefes übersetzen und ein paar Ergänzungen hinzufügen.

Wir halten schon mal fest: Fruktan ist bei Hufrehe durch Weide nicht das Problem!

Heißt das, du brauchst dir keine Sorgen wegen der Weide machen? Nein, leider nicht.

Denn Zucker und Stärke sind hier das Problem. Und da hilft leider auch kein vorsichtiges oder besonders langsames Anweiden. Wenn dein Pferd ein Risikokandidat ist, dann ist Weide wie russisches Roulette.

Wann du dein Pferd auf die Weide stellen kannst, ohne Angst vor Hufrehe haben zu müssen

Hier ein Auszug aus dem Brief von Dr. Kellon:

Im Jahr 2006 berichteten van EPS und Pollitt über die Auslösung einer Hufrehe durch Verabreichung eines Bolus aus reiner Chicorée-Wurzel-Oligofructose (Fruktan) per Magensonde. Die erforderliche Menge betrug 7,5 g / kg, um eine Hufrehe in einem Fuß zu induzieren; 10 bis 12,5 g / kg um eine systemische Reaktion und Hufrehe in mehreren Hufen zu induzieren. Damit ein Pferd diese Menge über einen Zeitraum von 24 Stunden beim Grasen aufnehmen kann, wäre eine Weide mit 37,5% Fruktan in der Trockenmasse erforderlich. Mehrjähriges Weidelgras verbesserter Sorten, die unter extremen Bedingungen in kühlen und regnerischen Gebieten der Welt wachsen, könnten das Potenzial haben, dieses Niveau zumindest vorübergehend zu erreichen, aber kein Gras in Nordamerika kommt auch nur annähernd heran. Der durchschnittliche Unterschied zwischen WSC (Zucker + Fruktan) und ESC (Zucker) beträgt in der Datenbank von Dairy One nur 2 %.

Crawford et al., 2007, fütterten 3 g / kg Chicoree-Fruktan an Ponies mit und ohne Weide-Hufrehe in der Vorgeschichte. Trotz eines moderaten Rückgangs des pH-Werts von 6,89 auf 6,18 gab es keine Hinweise auf eine Krankheit oder Hufrehe, kein Anstieg im Blutspiegel von fäkalen Aminen oder D-Laktat (bakteriell), was auf eine beeinträchtigte Dickdarmbarriere hindeuten würde. Sie kamen zu dem Schluss, dass es eine Schwelle gibt, damit Fruktan negative Auswirkungen hat.

Im Jahr 2006 berichteten Trieber et al, die eine Herde von 160 Ponys auf der Weide untersuchten, dass sie ein prälaminitisches Stoffwechselprofil auf der Grundlage von Körperzustand, Triglyceridkonzentration im Plasma, RISQI und MIRG definierten. (RISQI und MIRG sind Proxys für die Insulinsensitivität.)

Das Erfüllen von mindestens 3 dieser Kriterien differenzierte die Ponies mit Hufrehe-Vorgeschichte von denen ohne Hufrehe-Vorgeschichte mit einer Wahrscheinlichkeit von 78%. Beginn der Frühjahrs-Hufrehe bei den gefährdeten Ponys fiel mit dem Aufkommen von Klee und der Steigerung des Stärkegehaltes im Gras zusammen, nicht mit Fruktan.

Coleman et al., 2018, führten eine große epidemiologische Studie über Pferde in Nordamerika durch und identifizierten Fettleibigkeit und regionale Adipositas sowie eine bereits bestehende Endokrinopathie als Risikofaktoren.

Menzies-Gow et al., 2017 folgten 446 Tiere über einen Zeitraum von 3 Jahren und überwachten mehrere Faktoren, um diejenigen zu identifizieren, die die Entwicklung von Hufrehe auf der Weide vorhersagen würden. Sie kamen zu dem Schluss: „Risikofaktoren für zukünftige Hufrehe vor dem Auftreten der Krankheit umfassen niedrige Plasma-Adiponectin- und hohe Basalinsulinkonzentration im Serum oder Insulin-Post-Dexamethason-Konzentrationen.“

Fruktan-induzierte Hufrehe ist eine Hufrehe nach dem Modell der Kohlenhydratüberladung in Kombination mit SIRS, Endotoxämie, Fieber und Durchfall – keines dieser Symptome tritt bei Weidelaminitis auf. Es steht außer Frage, dass endokrinopathische Hufrehe hinter einer Frühlingshufrehe in Bezug zur Weide steht. Borer et al., 2016 zeigten, dass Chicoree-Fruktan minimale Veränderungen von Glucose oder Insulin hervorruft, was nicht überraschend ist, wenn man bedenkt, dass Fruktan kein Zucker ist und nicht absorbiert wird. Es ist eine Speicherform von Kohlenhydraten, die aus Fruktoseketten besteht, aber es ist nicht mehr ein Zucker als Zellulose, die eine Kette von Glukose-Molekülen ist.

Ein Beitrag schlug vor, dass Hülsenfrüchte (Leguminosen) sicher sein würden. Dies ist nicht richtig. Zusätzlich zu Triebers Studie von 2006, die Stärke auf Kleewiesen als Auslöser dokumentierte, haben Kagan et al 2020 Proben von rotem und weißem Klee verglichen, die morgens und nachmittags gesammelt wurden und fanden eine signifikante tägliche Variation des Stärkegehalts von morgens im Vergleich zu nachmittags; Rotklee 13-51 g / kg; Weißklee 24-52 g/kg gefriergetrocknetes Gewicht. Bei einer Trockenmasseaufnahme von 10 kg/Tag entspricht dies einer Aufnahme von Stärke allein im Bereich von 130 bis 520 Gramm.

Dies, kombiniert mit der WSC-Fraktion, die angesichts des Mangels an Fruktan aus einfachen Zuckern bestehen würde, führte die Autoren zu dem Schluss, dass das Weiden von Klee für Pferde mit einem Risiko für endokrinopathische (insulininduzierte) Hufrehe nicht zu empfehlen ist.

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Du verstehst nur Bahnhof? Hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Aussagen.

  • In Studien wurde Hufrehe durch Fruktan ausgelöst. Allerdings ist die Aufnahme solcher Mengen in der Praxis so gut wie unmöglich. ABER noch viel wichtiger: Sehr große Mengen an Fruktan lösen eine Hufrehe in Verbindung mit dem Absterben von Darmbakterien, Fieber und Durchfall aus. Pferde, die in Verbindung mit Weide eine Hufrehe entwickeln zeigen diese Symptome nicht. 90% der Hufrehefälle sind endokrine Hufrehen.
  • Pferde, die in Verbindung mit Weide Hufrehe bekommen, leiden an einer endokrinen Stoffwechselstörung. Warnsignale für diese Form der Hufrehe sind Fettleibigkeit (hoher Body Condition Score) oder regionale Adipositas (z.B. Cresty Neck Score), niedriges Plasma-Adiponectin, hohes Basalinsulin im Serum oder hohe Triglyceridkonzentration im Plasma.
  • Fruktan löst nur minimale Veränderungen von Glukose und Insulin aus. Fruktan ist kein Zucker, sondern ein Kohlenhydratspeicherform, die aus Fruktoseketten besteht, die nicht absorbiert werden.
  • Zucker und Stärke haben einen großen Einfluss auf Glukose und Insulin. Leguminosen (Hülsenfrüchte) haben einen zum Teil erheblichen Stärkegehalt und sind daher für Pferde mit endokriner Störung nicht zu empfehlen, z.B. Klee. Selbst Heu kann auch schon zu viel Zucker haben.
  • Hufrehe in Verbindung mit Weide ist also ursächlich bedingt durch eine Stoffwechselstörung. Die Pferde reagieren nicht normal auf einen Anstieg des Blutzuckerspiegels. Die Aufnahme von Zucker und Stärke hat eine übermäßige Insulinausschüttung zur Folge und es ist mittlerweile bekannt, dass Insulin zu Pathologien in den Hufen führt, also eine Hufrehe auslöst.
  • Die Veranlagung ist dabei genetisch, was erstmal kein Problem ist. Aber die Auslöser einer krankhaften Situation sind mangelnde Bewegung und eine unpassende Fütterung.

Was heißt das jetzt genau? Ist mein Pferd ein Risikokandidat?

Pferde mit Anzeichen einer Stoffwechselproblematik gehören nicht auf die Weide, da Zucker- und Stärkegehalt stark schwanken und nicht sicher sind.

Anzeichen, die du selber sehen kannst, sind:

  • Fettleibigkeit
  • Regionale Fettdepots (besonders Mähnenkamm, Kruppe, Schulter)
  • Häufig auch Leistungsschwäche, tränende Augen, Fellwechselprobleme, Muskelaufbauprobleme, wiederkehrende Ringen an den Hufen, Fühligkeit, dünne Sohlen…

Tests die du machen kannst:

  • Bestimmung von Body Condition Score & Cresty Neck Score
  • Blutuntersuchung: EMS/ECS Profil: Glucose, Insulin, Triglyceride, Gamma GT, ACTH

Wichtig ist, hier einige Kriterien bei der Blutentnahme einzuhalten. Infos dazu findest du z.B. im Leitfaden Endokrine Hufrehe.

Zeigt dein Pferd keinerlei Anzeichen, musst du trotzdem langsam anweiden (wegen des Darms), musst dir aber weniger Sorgen machen wegen einer Weide-bedingten Hufrehe.

Übrigens können auch Pferde mit genetischer Veranlagung zur Stoffwechselproblematik auf die Weide, wenn sie gut gemanaged sind: Sprich Haltung, Bewegung und Fütterung optimiert sind, die Pferde keinerlei äußerliche Anzeichen zeigen und die Blutwerte auch in Ordnung sind. Es macht allerdings Sinn, sie erst spät im Jahr (Ende Juni) anzuweiden, möglichst früh morgens und zeitlich begrenzt auf eine hochgewachsene Wiese zu lassen. Dann einfach gut beobachten, um rechtzeitig etwas verändern zu können, wenn dir etwas auffällt.

Also noch ganz wichtig: Fruktan ist nicht das Problem, aber Zucker und Stärke im Gras, zumindest wenn dein Pferd die genetische Veranlagung hat.

Wenn du diese Dinge beachtest, weißt du, wann du dein Pferd ohne Bedenken auf die Weide lassen kannst und wann nicht. Es ist deine Verantwortung dein Pferd gesund zu halten, daher freuen wir uns, dass du dich hier informierst! Jetzt geht´s ans Umsetzen!

Wir sind Team-HUF:

Christina & Barbara

Christina & Barbara

Wir sind Barbara & Christina. Ursprünglich Hufbearbeiter, mittlerweile Wissensvermittler und immer ein bisschen verrückt! Unsere Mission: Wir möchten Huf-Wissen für jeden verständlich weitergeben.