Wieso du dir keine Sorgen mache musst, dass dein Pferd eine Hufrehe bekommt…

wenn du lernst das Risiko einzuschätzen und präventiv zu handeln

Kennst du dieses flaue Gefühl? Die ständige Sorge, dass dein Pferd eine Hufrehe bekommt? Oder dein Pferd hatte sogar schon eine Hufrehe und du hast immer die Angst, wenn du zum Stall kommst, dass wieder was ist?!

Das muss gar nicht sein, denn in den meisten Fällen kündigt sich eine Hufrehe an und du kannst lernen das frühzeitig zu erkennen und präventiv zu handeln. Wir möchten dir gern helfen wieder entspannter zu werden und dir weniger Sorgen machen zu müssen. Also lies dir unbedingt die Tipps durch.

Wie groß ist denn das Risiko bei deinem Pferd überhaupt an einer Hufrehe zu erkranken?

Vielleicht fangen wir nochmal damit an, eine Hufrehe etwas differenzierter zu betrachten. Denn sie ist keine eigenständige Krankheit, sondern kann unterschiedliche Ursachen haben und dann eben begleitend als Symptom auftreten. Die Auslöser können vielfältig sein, was das Ganze erst sehr komplex erscheinen lässt, ist es aber gar nicht.

Ursachen für Hufrehe

Mittlerweile sind sich die Wissenschaftler einige, dass es drei Ursachen für eine Hufrehe gibt:

  1. Toxische Hufrehe – Endotoxämie, Sepsis, Absterben der Darmbakterien, Vergiftung, akuter Verlauf
  2. Belastungsrehe – Dauerüberlastung meist einzelner Hufe bei schweren Verletzungen einer Gliedmaße, betrifft die contralaterale Gliedmaße (also den Huf auf der anderen Seite), absterben der Zellen im Huf, akuter Verlauf
  3. Endokrine Hufrehe – EMS, IR, PPID, hormonelle Störungen, Übergewicht und/oder Fettdepots, schleichender Verlauf bis zur akuten Hufrehe, Hyperinsulinämie

Die Auslöser sind hier schon ein bisschen mit aufgeführt, aber hier nochmal deutlicher:

  1. Toxische Hufrehe: Einbruch in die Futterkammer, Fruktan in hohen Mengen mit Nasen Schlund-Sonde in dem Magen (Studien), übermäßige Aufnahme unbekannten Futters, Futterverwertung fehlerhaft – kommt in Bereiche, in denen sie eigentlich nicht verdaut werden können, Vergiftung, Nachgeburtsvergiftung, Sepsis, systemische Entzündungen, große Kolikoperationen
  2. Belastungsrehe: Fraktur, Muskelabriss oder jede Verletzung, die die Bewegung komplett verhindert, Dauerbelastung ohne Entlastung, Absterben der Lederhaut
  3. Endokrine Hufrehe: nicht optimale Haltungsbedingungen, zu zucker- und/oder stärkehaltige Fütterung, Übergewicht, Fettdepots, Hufbearbeitung, Überlastung, Weide, Kälte, Medikamentengaben, Impfungen, Stress, mangelnde Bewegung, genetische Disposition, Leberprobleme, Entgiftung

Wenn du dir die Auslöser ansiehst, kannst du schon mal erkennen, welche Auslöser für dein Pferd ein Risiko darstellen und welche eher nicht.

Laut Studien sind zwischen 80 und 90% der Hufrehefälle auf eine endokrine Störung zurückzuführen. In unserer Praxis würde ich eher sagen sogar deutlich über 90%. Auch wenn die Diagnose häufig Belastungsrehe heißt, erkennst du vielleicht schon bei den Auslösern, dass eher wenige Pferde wirklich an einer Belastungsrehe leiden, sondern meist ein Stoffwechselthema zu Grunde liegt.

Und auch, wenn es sich jetzt komisch anhört: Sei froh, wenn dein Pferd nur ein Risikokandidat für eine endokrine Hufrehe ist. Denn die kann man wirklich sehr gut vorher erkennen, der Verlauf ist manchmal sehr harmlos und gut behandelt hast du die besten Chancen, dass dein Pferd wieder richtig fit wird. Das ist bei den anderen Ursachen leider nicht so oft der Fall. Sie sind schlechter vorhersehbar, nur sehr aufwendig präventiv zu behandeln und die Folgen sind häufig schwerer.

Hier ist noch mal ein Überblick über mögliche Symptome:

Dein Pferd ist ein Risikokandidat und/oder zeigt Warnsignale? Dann solltest du jetzt präventiv handeln:

Trotzdem ist natürlich deine Sorge berechtigt und niemand wünscht sich einen Risikokandidaten. Denn auch, wenn die Prävention super gut funktioniert, ist eben das Umsetzen der Präventionsmaßnahmen mit etwas Arbeit verbunden. Es lohnt sich aber auf jeden Fall. Denn selbst, wenn dein Pferd vielleicht die genetische Disposition mitbringt (vielleicht hatten sogar Mutter oder Onkel auch Hufreheschübe), heißt das nur, dass ein Risiko besteht. Mit dem richtigen Management kann dein Pferd aber ein Leben lang gesund und fit sein. Und wenn du dir dessen bewusst bist, brauchst du dir auch keine größeren Sorgen machen. Denn die endokrine Hufrehe fällt nicht plötzlich vom Himmel – versprochen.

Hier sind mal ein paar wichtige Faktoren, die du im Management beachten solltest: 

Haltung

Die Haltung sollte an die speziellen Bedürfnisse angepasst sein, sprich viel Bewegung, wenig Stress und in vielen Fällen grasfrei. Bei Pferden in der Reha machen wir da keine Ausnahmen, bei Pferden, die wieder rehabilitiert sind und gut im Training, kann kontrollierter Weidegang durchaus möglich sein. Die Bewegung sollte möglichst über den ganzen Tag verteilt im Wandertempo möglich sein, wenn die Hufe es zulassen, kann gern auch mal geflitzt werden. Besonders gesund ist aber die kontinuierliche ruhige Bewegung geradeaus. Wir können das Paddock Trail Konzept sehr empfehlen. Diese Form der Haltung minimiert auch schon den Stress für die Pferde. Außerdem hilft eine stabile harmonische Herde und im besten Fall auch ein guter Freund. Genügend Platz zum Ausweichen, zum Ruhen und eine ausreichende Zahl an Fressplätzen sind ebenfalls wichtig. Auch das Stallklima insgesamt und natürlich die Futtermenge spielen eine Rolle, aber dazu gleich mehr.

Unsere wilden Ponies leben auf einem Paddock Trail und bewegen sich bis zu 15 km am Tag.

Untergrund

Hufe müssen sich entwickeln, sich in sich bewegen können und im besten Fall Stimulation vom Boden bekommen. Wir lieben Kieselsteine, die wir auf Teilen der Pfade im Trail anlegen. Aber auch andere Böden, die ein Einsinken erlauben, sind in Kombination geeignet. Untergründe, die plan und fest sind, können den Huf schlechter für die Folgen einer Hufrehe wappnen. Denn Hufe, die nur peripher belastet werden, also wo nur der Tragrand trägt, bauen mit der Zeit Knochenmaterial am Hufbein ab und die Stoßdämpfung ist schlechter. Der hintere Hufbereich bleibt oft in seiner Entwicklung hinter seinen Möglichkeiten zurück und so kann er auch im Falle einer Hufrehe schlechter mittragen. Also sorge dafür, dass dein Pferd geeignete Böden unter den Hufen hat und auch, dass es sich die Hufe selber entsprechend hinbauen kann. Dazu mehr beim Thema Hufbearbeitung.

Kaum ein Untegrund begeistert uns so sehr wie der Kies – im Wissenpaket “Untergrund” erfährst du mehr darüber.

Fütterung

Die Fütterung spielt eine riesengroße Rolle bei der Prävention von Hufrehe (und auch anderen Problemen). Wenn dein Pferd schon mal eine endokrine Hufrehe hatte, du da ein Risiko siehst oder es einfach nur Fettpolster hat, führt kein Weg daran vorbei die Fütterung zu optimieren! Denn auch eine gute Haltung und viel Bewegung können nur bedingt die Fehler in der Fütterung ausgleichen. Also, wenn du wieder gut schlafen möchtest, schau dir das Grundfutter an. Wir empfehlen ganz klar Heu und zwar analysiert, damit du den Zuckergehalt kennst. Ein Risikokandidat sollte nur zuckerarmes Heu bekommen (auf der Heuanalyse: Gesamtzucker in der Frischsubstanz unter 10%). Auch andere Futtermittel solltest du unbedingt auch Zucker- und Stärkegehalt überprüfen. Keine Einzelkomponenet des Futters sollte über diesen 10% liegen (Zucker- plus Stärkegehalt). Hört sich erstmal schwieriger an als es ist. Also Krippenfutter eignen sich die Heucobs einiger Hersteller, sicher sind auch unmelassierte Rübenschnitzel (z.B. Kwikbeets, Speedibeets, Racybeets). Schau dir einfach mal die einzelnen Inhaltsstoffe an. Dinge wie Melasse, Erbsen, Getreide, Wurzelgemüse & Co sind nicht geeignet. Auch im Mineralfutter sind oft Komponenten, die das Risiko einer Hufrehe erhöhen können. Neben den Einzelkomponenten ist hier auch die Komposition der Mineralien und Spurenelemente wichtig. Wir empfehlen grundsätzlich ein Mineralfutter ohne Eisenzusatz, da Eisen im Verdacht steht Stoffwechselprobleme (mit)auszulösen. Zudem ist die Eisenversorgung über das Grundfutter fast immer schon mehr als gedeckt. Unser bester Tipp: Lass dein Mineralfutter auf das Heu anpassen, damit du eine bestmögliche Versorgung gewährleisten kannst.

Verlass dich auf jeden Fall nicht auf Werbesprüche der Hersteller, sondern guck selber genau hin oder hol dir professionelle Unterstützung. Wir holen uns fachliche Hilfe beim Dr. Maroske Institut. 

Wichtig bei der Futtermenge: Ad libitum funktioniert oft bei diesen Pferden nicht, eine Radikaldiät bringt aber auch nichts. Angepasst und individuell sind hier die Stichworte! Zuckerarmes Heu kannst du wirklich gut auch was mehr füttern. Zuckerreiches Heu kann auch in kleinen Mengen eine Rehe auslösen. Auf die Inhalte kommt es an. Zu wenig Raufutter ist auf jeden Fall nicht nur ungesund auf körperlicher, sondern auch auf psychischer Ebene.

Und noch ein Hinweis zu Kräutern, Leckerchen und Co.: Auch hier kann viel Zucker oder Stärke drin sein. Auch ein kleines Äpfelchen kann am Ende der Auslöser für den Schub sein oder die kleine Möhre. Also bitte nur sichere Futtermittel füttern.

Bewegung

Sobald dein Pferd laufen kann, beweg es. Im besten Fall ist schon viel Bewegung über die Haltung ermöglicht. Die könnt ihr auch steigern, in dem ihr das Heu auf viele kleine Portionen aufteilt und diese über den Paddock verteilt. Super einfach und super effektiv. Zusätzlich darfst du dein Pferd bewegen, wenn es ohne Schmerzmittel schmerzfrei läuft. Hatte es gerade einen Schub bitte ausschließlich mit Hufschuhen im Schritt möglichst geradeaus bewegen. Sind die Hufe mindestens zur Hälfte stabil eingewachsen, kannst du wieder anfangen mehr zu machen. Bewegung hilft auch nicht nur kurzfristig während der Bewegung, sondern aufgebaute Muskeln mit besserer Glukoseaufnahmemöglichkeit helfen eben auch längerfristig. Also bitte bewegen!

Mehr Tipps für mehr Bewegung für dein Pferd findest du hier.

Dokumentation

Wenn du dein Pferd jeden Tag siehst, fallen dir Veränderungen gar nicht unbedingt auf. Deshalb macht es Sinn regelmäßig Fotos und Videos von deinem Pferd und den Hufen zu machen. Außerdem kannst du ein Tagebuch führen über Gewicht, Zufriedenheit, Lauffreude und ggf. eben auch über die Krankheitsgeschichte: Symptome, Behandlung & Co. So fällt es dir auch im Nachhinein leichter nachzuvollziehen, wo vielleicht schon erst Hinweise auf eine Stoffwechselentgleisung waren. Für die Zukunft bist du dann aufmerksamer und kannst präventiv reagieren oder dir rechtzeitig professionelle Hilfe holen.

Labortests

Bei einem Pferd, dass schon mal eine Hufrehe auf Grund einer Stoffwechselproblematik hatte, empfehlen wir mindestens einmal im Jahr oder bei Veränderungen/Auffälligkeiten die Blutwerte zu kontrollieren. Das macht aber natürlich auch Sinn, wenn du nur einen Risikokandidaten im Stall hast. Du brauchst kein komplettes Blutbild, kannst aber natürlich auch immer mal die Organwerte mit nachgucken lassen. Die Mineralstoff- und Spurenelementversorgung ist eher schlecht an Hand eines Blutbildes zu ermitteln. Was wirklich Sinn macht, ist das EMS/ECS Profil. Hier sind alle wichtigen Werte drin, die dir Auskunft über die aktuelle Blutzuckerstoffwechsellage geben. Wichtig für die Blutentnahme ist

  • Dein Pferd sollte mindestens in den 6 Stunden vor der Blutentnahme durchgängig Heu zur Verfügung haben. Aber kein anderes Futter.
  • Dein Pferd sollte mindestens 24 Stunden vor der Blutentnahme zuckerarm gefüttert werden. Das Heu muss also sicher zuckerarm oder gewaschen sein. Keine Wiese, keine Leckerchen.
  • Dein Pferd sollte mindestens 24 Stunden vorher keinen großen Stress, hartes Training oder eine Hängerfahrt hinter sich haben.
  • Das Blut sollte für einen guten Vergleich immer zur gleichen Uhrzeit abgenommen werden (wir nehmen es immer morgens direkt ab) und im selben Labor untersucht werden.
  • Das Blut sollte sofort zentrifugiert und gekühlt ins Labor geschickt werden.
  • Nur dann sind die Werte aussagekräftig und vergleichbar.

Zu den Blutwerten findest du hier noch einen extra Beitrag, aber erstmal kannst du dir das Folgende merken: Das Verhältnis von Glukose zu Insulin zeigt dir wie sensibel die Zellen auf Insulin reagieren. Der ACTH gibt dir einen Hinweis auf eine ggf. vorhandene PPID. Dann hast du noch den Gamma GT und die Triglyceride, die dir einen Blick auf Leber und Fettstoffwechsel geben.

Bei der ECIR Group findest du einen EMS-Rechner. Gib dort die Glukose- und Insulinwerte mit der passenden Einheit ein (Dezimalstellen werden mit einem Punkt abgetrennt). Das Verhältnis von Glukose zu Insulin sollte bei zuckerarmer Fütterung über 10 sein. Darunter kannst du von einem erhöhten Hufreherisiko ausgehen.

Hufbearbeitung

Die Hufbearbeitung kann im Prinzip keine Hufrehe verhindern. Sie kann aber aktiv dafür sorgen, dass größere Schäden entstehen. Ja, du liest richtig. Aktiv, denn je mehr ich bearbeite, je weniger Fundament ich lasse, desto größer sind bei einer Hufrehe die Schäden. Störe ich durch meine Hufbearbeitung die Kompensation des Hufes oder eine gesunde Fußung, ist er im Falle einer Hufrehe einfach sehr instabil und die Folgen deutlich größer. Aus unserer Sicht kann ich aber auch über eine Hufbearbeitung keine Hufrehe verursachen. Es gibt Pferde, die nach der Bearbeitung einen Schub haben, dann ist aber vorher auch schon der Stoffwechsel entgleist und vielleicht hat das Zuviel an Bearbeitung die Schmerzen offensichtlicher gemacht. Aber die Ursache ist meist eine endokrine Störung. Und es gibt die Fälle, wo die Pferde nach der Bearbeitung schlecht laufen oder eine Lederhautentzündung bekommen. Das ist aber keine Hufrehe im wirklichen Sinn, sondern ein temporäres Problem, meist wieder, weil zu viel bearbeitet wurde.

Was du also präventiv mit der Hufbearbeitung unterstützen kannst oder eben dein Hufbearbeiter: Lass deinem Pferd ein gutes Fundament. Alles, was auf der Hufunterseite ist, schützt die inneren Strukturen. Verhilf deinem Pferd zu einer gesunden entspannten Trachtenfußung. Nur dann kann sich der hintere Hufbereich aufbauen und einen wichtigen Puffer für die gesamte Knochensäule darstellen. 

Du willst mehr wissen, besser verstehen und das Hufrehegespenst besiegen? Werde Hufrehe-Berater:

Das sind jetzt nur ein paar Punkte, aber sehr wichtige.
Wenn du diese beherzigst und entsprechend umsetzt, brauchst du nicht mehr mit der Angst in den Stall fahren oder mit Sorge den unerwarteten Anruf der Reitbeteiligung oder des Stallbesitzers annehmen. 

Wir haben nur diese Risikokandidaten. Wir sind uns sicher, dass mit dem Management, der Prävention, die wir betreiben, keines dieser Pferde hier einen Hufreheschub bekommen wird. Und es ist wahnsinnig schön diese einst sehr kranken Pferde so fit und glücklich hier herumlaufen zu sehen. Das solltest du auch wieder genießen können!

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